Gabriele Buffet-Picabia

19. Januar 2025 von Paul Dorn

Rezension

Ein Leben für die Avantgarde Anne Berest, Claire Berest

Die Geschichte von Gabriële Buffet-Picabia

„Natürlich“ steht Francis Picabia mit seinen weltbekannten Malereien und hemmungslosen Texten im Vordergrund, voll im Vordergrund. – Die Frage, wieso Gabriële in den Hintergrund rutschte – sie wäre wohle eine grosse Komponistin moderner Musik geworden, eine Frau mit Charakter also Eigensinn, Kopf und Selbst:Bewusstsein.

1909. „Caoutchouc“ ist als ihr erstes gemeinsames Gemälde zu betrachten, sowie eigentlich auch alle weiteren avantgardistischen Werke von Herrn/Mann und Frau/Frau Buffet-Picabia, nicht? Ohne sie, scheint es, wäre er bloss ein bla Impressionist geblieben, nicht einmal Expressionist!

Es ist bei den Autorinnen offenbar viel Verständnis für Picabia da, der sich andauernd verantwort-ungslos aus dem Staub macht, um zu malen, für Affairen, sonst auf den Putz zu hauen. Anschei-nend führen sie eine Ziehharmonika-Beziehung. Viel wird Gabriële nur via ihren Mann geschildert – ça va? –

1911. Sehr interessant wird die Bekanntschaft Gabriëles mit dem jungen Marcel Duchamp geschildert und wie damit quasi eine Dreiecksgeschichte sich entwickelt.

Oft ist das Buch etwas reisserisch, dramatisierend geschrieben, Tendenz Boulevardstil mit suggestivem Imperativ/Indikativ und recht wenig wirklich von Gabriële darin, was von Agathe Mareuge im Katalog „Der die Dada“ als „die doppelte Dada-Falle“ bezeichnet.

Oktober 1912. Einfährt nun Guillaume Apollinaire mit den anderen zwei per Automobil in das Beziehungsgeflecht in Etival im franzö-sischen Jura, wo Gabriële herkommt. Seit dem 100 Jahre-Jubiläum findet daselbst nun jedes 2. Jahr ein Dada-Festival statt, das von ihrem Urenkel initiert wurde. https://duchamp-abade.jimdofree.com/contacts/

Januar 1913. Reise nach New York, Stieglitz Galerist, die „Armory Show“, die Symbiose zwischen Gabriële zeitigt „die schönsten Früchte“, die Ostküste der USA wird wild nach modernen Franzo-sen. Trotz sie, kaum nach Frankreich zurückgekehrt, von Francis manisch-depressivem Wesen mas-siv beeinflusst ist, beginnt sie das Projekt einer modernen Galerie in Paris anzugehen. Wird nicht.

Die pulsierenden Entwicklungen werden durch den 1. Weltkrieg für über 4 Jahre unterbrochen. Francis flieht wieder einmal nach New York, Gabriële nach Hause nach Etival, dann wieder New York, Walter Conrad Arensberg, Galerist.

Das Dreiecksverhältnis ist gekippt, Affairen, Picabias Krisen, Edgar Varèse erscheint, wildes Leben, Verschiebung nach Barcelona, ein weiterer Dada-KünstlerInnen-Exil-Knäuel formiert sich.

1918 Eintritt-Einfluss in die Pariser Dada-Bewegung.

Der Roman ist weniger ein Roman über/für Gabriële, mehr eine Schilderung der französischen Avantgarde von 1900 – Ende 1919: Trennung, Picabias neue Frau, Germaine Ever-ling, betritt das Buch, nächste Dreierbeziehung.

Buchende. Wieso. Wo bleibt überhaupt Gabriële? Sie hat Artikel, Texte und/oder Bücher geschrieben, daraus liesse sich doch über IHR Leben, Denken schreiben! Was über ihr Ende geschrieben wird, ist eine sentimentalistische Schwurbelei.

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